Montag, 19. Juli 2010

Bericht Rhein-Zeitung zu "Duo Recital" Hope/Knauer





Mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Zeitung

Ein zarter Saitenzauberer am Werk
Daniel Hope und Sebastian Knauer beim Mittelrhein Musik Festival in Koblenz – Sommersturm reißt Türen der Kastorkirche auf
Eine Geige und ein Klavier in der großen und halligen Kastor-Basilika: Kann das gut gehen? Es kann, wenn zwei Ausnahmekünstler wie der Geiger Daniel Hope und der Pianist Sebastian Knauer sich zusammentun.
Koblenz. Theatralischer hätte es kein Regisseur inszenieren können: Mitten im stürmischen ersten Satz von Beethovens A-Dur-Sonate op. 47, der „Kreutzer“, reißt ein heftiger Windstoß die Türen der Kastorkirche auf, grelle Blitze zucken vom Himmel und mächtiger Donner rollt durchs Kirchenschiff. Äußerlichkeiten, durch die sich Daniel Hope und Sebastian Knauer beim Mittelrhein Musik Festival kaum beeindrucken lassen.
Der in Durban geborene, erst in England und jetzt in Deutschland lebende, erfreulich allürenlose Stargeiger und der Hamburger Pianist sind schließlich ein erprobtes Duo, das sich in Koblenz noch dazu mit absoluten Repertoireklassikern vorstellt, mit der Kreutzer-Sonate und der A-Dur-Violinsonate César Francks.
Umrankt werden diese von Liedbearbeitungen, die beinahe ein Markenzeichen der beiden geworden sind. Weil, wie es Hope einmal in einem Interview formulierte, es unter den Liedern gar so schöne Melodien gibt. Melodien, die er mit Hingabe „singen“, in denen er alles Filigrane und Reine seines Spiels bedingungslos ausschöpfen kann. Wie bei den Schubert-Liedern, in der verinnerlichten „Litanei auf das Fest aller Seelen“ oder im wiegenden „Auf dem Wasser zu singen“. Das ist perfekt die von Dietrich Fischer-Dieskau beschworene „Singseligkeit“, von den Stimmbändern auf die Violinsaiten transformiert. Und Pianist Knauer, der rund um den Globus mit ähnlich illustren Spielpartnern aufwarten kann wie sein Geigenkollege, liefert die entsprechend delikate Begleitung zu derlei Zart-Zaubereien.
Überhaupt: Wer gezweifelt haben mochte, wie sich Kammermusik und Kirchenakustik vertragen, sieht sich beruhigt. Selbst wenn schnelle Läufe im Klavier nicht immer ganz unproblematisch sind – insgesamt funktioniert das gut, auch und gerade deshalb, weil Hope und Knauer eher von einem zurückgenommenen Level ausgehen und so viel Luft für Steigerung gewinnen, ohne ins Überdramatische verfallen zu müssen. Das zeigt sich bei Gustav Mahlers zu Filmruhm gelangtem, innigem „Ich bin der Welt abhanden gekommen“, und es zeigt sich erst recht bei Beethoven und Franck. Obgleich den bleibendsten Eindruck auch bei der Beethoven-Sonate der langsame Mittelsatz hinterlässt, Andante-Variationen zwischen liedhaft und verspielt. Das zu interpretieren, mit einem Partner, der auf jede Nuancierung adäquat reagiert, bereitet Hope, dem Zartzauberer, sichtlichst eigenes Vergnügen.
Schön, wenn sich ein Musiker noch so freuen kann auf und über das, was er tut, wie Hope. Da spiegelt sich auf seinem Gesicht bereits vor dem ersten Ton von Francks musikalischer Hochzeitsgabe für Eugène Ysaye die Lust auf deren lyrisches Thema, mit dem eine Sonate anhebt, die in immer neuen Variationen Liebe zwischen zärtlicher Hingabe und verzehrender, von Hope und Knauer in gnadenlosem Tempo ausgelebter Leidenschaft durchspielt.
Dass es bei solchem Tempo ab und zu mal selbst zwischen Hope und Knauer leicht knirscht – wen stört das, wenn’s dann wieder in so perfekter Harmonie singt! Und wenn’s am umjubelten Ende Gershwin gleich im Dreierpack als Dreingabe gibt, bis hin zum alle Gewitterstürme glättenden „Summertime“!
Lieselotte Sauer-Kaulbach
M Beim nächsten MMF-Konzert gastieren die SWR Big Band und Paula Morelenbaum am morgigen Samstag im Günderode-Haus in Oberwesel. Information zu allen MMF-Konzerten unter Tel. 0172 /472 26 28 sowie im Internet unter www.mittelrhein-musik-festival.de
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RZ Koblenz und Region vom Freitag, 16. Juli 2010, Seite 20