Dienstag, 21. Mai 2013

Bericht der RZ Koblenz Kultur Lokal zum Eröffnungskonzert

     Wir danken der RZ für die Bereitstellung des Artikels.

Über die Gitarre Liebe und Leid ausdrücken
Musik Manuel Barrueco spielte überragend im Konzert zweier Festivals – Staatsorchester zeigte sich als mitfühlender Partner

M Koblenz. Seine Aufnahme von Joaquin Rodrigos „Concierto de Aranjuez“ (mit Placido Domingo als Dirigent) vor 16 Jahren gilt als Referenzinterpretation. Allerdings überließ der kubanische Gitarrist Manuel Barrueco, weltweit einer der renommiertesten seines Genres, beim Guitar-Festival-Konzert in der voll besetzten Rhein-Mosel-Halle Rodrigos omnipräsenten Klassikhit seinem jüngeren Kollegen, dem 1979 in Belgrad geborenen Goran Krivokapic. Das Konzert stellte am Wochenende zugleich den Auftakt zum Mittelrhein Musik Festival dar.
Für sich selbst hatte Barrueco, der ohnehin sehr engagiert in Sachen zeitgenössischer Musik und mit vielen Komponisten kooperiert, die „Medea“ Manolo Sanlúcars ausgesucht. In den 80er-Jahren als Flamenco-Ballettmusik für das spanische Nationalballett komponiert, überarbeitete sie Sanlúcar 2002 als sinfonisches Werk für Gitarre und Orchester und führte sie unter dem Dirigat von Leo Brouwer in dieser Fassung erstmals selbst auf.
Für den Solisten ist dies eine ebenso anspruchs- wie reizvolle Aufgabe, gleicht doch seine Gitarre in diesem Werk, das mehr ist als nur eine Art Flamencoversion des antiken griechischen Mythos, Medea. Sie ist die Liebende, die Verführerische, Leidenschaftliche, Verratene, Leidende. Wer könnte diese existenziellen Facetten menschlichen Denkens und Fühlens besser nachvollziehen als Barrueco, als ein Gitarrist, für den das Instrument nicht mehr und nicht weniger ist als die natürlichste Möglichkeit, sich auszudrücken?
Die Rheinische Philharmonie, geleitet von dem in Berlin lebenden Amerikaner Garrett Keast, ist ihm dabei ein mitfühlender Partner. Keast stimmt das Orchester so fein und einfühlsam auf die Gitarre ab, dass die sich vollkommen auf sich konzentrieren kann. Das gilt auch für Rodrigos „Aranjuez“, ohnehin eher dialogisch angelegt, als immer wieder erneuertes Zwiegespräch zwischen kleineren Gruppen des Orchesters, besonders den Holzbläsern, mit der Gitarre. Goran Krivokapic, zu dessen zahlreichen Preisen auch der Gewinn des Hubert Käppel-Wettbewerbs beim Koblenzer Gitarrenfestival zählt, legt mit dynamisch fein dosiertem,, nuanciertem Spiel die Basis dafür, dass dieser Dialog durch alle drei Sätze spannend bleibt. Er zieht sich durch das vom temperamentvollen Fandango über den an die Saeta angelehnten, im klagenden Grundton auch persönlichen Schmerz Rodrigos reflektierenden langsamen Satz (mit dem Englischhorn als direktem Gesprächspartner) bis zum finalen, temporeich Takt und Rhythmus wechselnden Tanzsatz.
Die Leichtigkeit, die Luftigkeit, die das Orchester hier spielerisch mitträgt, hat es zuvor in Franz Schuberts jugendlicher Sinfonie Nr. 5 B-Dur, D 485 gewissermaßen „trainiert“. Ob dieser immanenten Leichtigkeit wird das Werk stets mit Haydn und Mozart in Beziehung gebracht und ist doch in seiner klassische Formgrenzen souverän variierenden Melodik, in seinem Singen nicht nur im zweiten, im langsamen Satz reinster Schubert. Ist Heiterkeit, unter der Tragik lauert. Das ist bei Schubert nicht anders als bei Rodrigo oder Sanlúcar. 
Von unserer Mitarbeiterin
Lieselotte Sauer-Kaulbach

RZ Koblenz und Region vom Dienstag, 21. Mai 2013, Seite 16