Vielen Dank der Rhein-Zeitung Koblenz / Kultur für die Berichterstattung.
Märchenhafter Erzählabend im Schlosshof/ Rezitation
Schauspielerin Barbara Auer und Pianist Sebastian Knauer gestalteten reizenden Bilderbogen in Wort und Musik
Koblenz. Die Ausgangssituation: 200 Jahre nach der ersten
Veröffentlichung von Grimms Märchen gibt Schneewittchen ein großes Fest
für ihre Freunde aus dem großen literarischen Schatz der Brüder Jacob
und Wilhelm Grimm. Ob Aschenputtel, Rotkäppchen,
Rapunzel, das Rumpelstilzchen, die Bremer Stadtmusikanten, alle sind
gekommen. Es wird gefeiert, man schwelgt aus der Sicht von heute in
Erinnerungen. Ein Chronist hat sich unter die Gesellschaft gemischt und
berichtet vom großen Ereignis. So weit die Geschichte. Sie ist Grundlage
für einen Bilderbogen in Wort und Musik mit dem Titel „Und wenn sie
nicht gestorben sind …“, der am Sonntag im Rahmen des Mittelrhein Musik
Festivals unter freiem Himmel auf Schloss Stolzenfels aufgeführt wurde.
Barbara Auer, Schauspielerin und Trägerin des Deutschen Filmpreises,
rezitierte den Text aus der Feder von Wolfgang Knauer. Dessen Sohn,
Echo-Klassik-Preisträger Sebastian Knauer, interpretierte meisterhaft
romantische Klavierwerke von Robert Schumann, Franz Schubert und Felix
Mendelssohn-Bartholdy vor einer Kulisse, die man sich märchenhafter
nicht wünschen mochte: im Innenhof von Schloss Stolzenfels.
Glücklicherweise spielte das Wetter halbwegs mit. „Es war einmal eine
Sonne, die sich an einem Sonntagmorgen wieder einmal aus der Tür
traute“, sagte Festival-Leiterin Ulrike Piel in ihrer Begrüßung. Aber es
war noch lausig kühl zwischen den ehrwürdigen Schlossgemäuern. Viele
der rund 250 Zuschauer saßen dick eingemummt auf ihren Stühlen.
Doch die wunderbare Stimme von Barbara Auer erwärmte zumindest Herzen
und Seelen. Sie las pointiert die etwas andere Märchenerzählung, die
etliche Bezüge zu aktuellen Themen aufwies. Aschenputtel war als
Frauenrechtlerin aktiv, Rumpelstilzchen geißelte die Sucht nach dem
Gold. Der gestiefelte Kater, in diesem Fall ein erfolgreicher Manager,
sang ein Loblied auf die Brüder Grimm: „Sie haben den uralten
Märchenschatz für die Zukunft bewahrt.“ Die Märchen lebten das vor, was
wir uns auch im Alltag wünschen: Es gibt viele Grausamkeiten, doch am
Ende siegt immer das Gute. Freiheit und Demokratie seien für die Brüder
Grimm Wunschträume gewesen, doch dürften wir inzwischen in Zeiten leben,
in denen diese Wünsche wahr geworden seien.
Während Barbara
Auer Worte wie diese gefühlvoll vortrug, war es an Pianist Sebastian
Knauer, Gefühle in der Musik auszudrücken. Knauer, der die Idee zu dem
märchenhaften Erzählabend hatte, konzentrierte sich in erster Linie auf
Werke der Romantik und zeigte sowohl Sinn für Emotionales als auch für
Humoriges. Als in der Geschichte etwa die Bremer Stadtmusikanten zum
Tanz aufforderten – „Dazu spielen wir etwas Fröhliches, dies ist ein
fröhliches Fest“ –, ließ Knauer das burleske Impromptu Es-Dur op. 90,
Nr.2 von Franz Schubert erklingen. Zu Recht bedankte sich das Publikum
im Innenhof von Schloss Stolzenfels für diesen leichten, zauberhaften
Abend mit viel Applaus.
RZ Koblenz und Region vom Dienstag, 4. Juni 2013, Seite 22
Text von RZ- Mitarbeiter Winfried Scholz
Foto: P!ELmedia