Dienstag, 4. Juni 2013

Märchenhafter Erzählabend im Schlosshof/ Bericht der RZ

Vielen Dank der Rhein-Zeitung Koblenz / Kultur für die Berichterstattung.

Märchenhafter Erzählabend im Schlosshof/ Rezitation 

Schauspielerin Barbara Auer und Pianist Sebastian Knauer gestalteten reizenden Bilderbogen in Wort und Musik

Koblenz. Die Ausgangssituation: 200 Jahre nach der ersten Veröffentlichung von Grimms Märchen gibt Schneewittchen ein großes Fest für ihre Freunde aus dem großen literarischen Schatz der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Ob Aschenputtel, Rotkäppchen, Rapunzel, das Rumpelstilzchen, die Bremer Stadtmusikanten, alle sind gekommen. Es wird gefeiert, man schwelgt aus der Sicht von heute in Erinnerungen. Ein Chronist hat sich unter die Gesellschaft gemischt und berichtet vom großen Ereignis. So weit die Geschichte. Sie ist Grundlage für einen Bilderbogen in Wort und Musik mit dem Titel „Und wenn sie nicht gestorben sind …“, der am Sonntag im Rahmen des Mittelrhein Musik Festivals unter freiem Himmel auf Schloss Stolzenfels aufgeführt wurde.





Barbara Auer, Schauspielerin und Trägerin des Deutschen Filmpreises, rezitierte den Text aus der Feder von Wolfgang Knauer. Dessen Sohn, Echo-Klassik-Preisträger Sebastian Knauer, interpretierte meisterhaft romantische Klavierwerke von Robert Schumann, Franz Schubert und Felix Mendelssohn-Bartholdy vor einer Kulisse, die man sich märchenhafter nicht wünschen mochte: im Innenhof von Schloss Stolzenfels. Glücklicherweise spielte das Wetter halbwegs mit. „Es war einmal eine Sonne, die sich an einem Sonntagmorgen wieder einmal aus der Tür traute“, sagte Festival-Leiterin Ulrike Piel in ihrer Begrüßung. Aber es war noch lausig kühl zwischen den ehrwürdigen Schlossgemäuern. Viele der rund 250 Zuschauer saßen dick eingemummt auf ihren Stühlen.

Doch die wunderbare Stimme von Barbara Auer erwärmte zumindest Herzen und Seelen. Sie las pointiert die etwas andere Märchenerzählung, die etliche Bezüge zu aktuellen Themen aufwies. Aschenputtel war als Frauenrechtlerin aktiv, Rumpelstilzchen geißelte die Sucht nach dem Gold. Der gestiefelte Kater, in diesem Fall ein erfolgreicher Manager, sang ein Loblied auf die Brüder Grimm: „Sie haben den uralten Märchenschatz für die Zukunft bewahrt.“ Die Märchen lebten das vor, was wir uns auch im Alltag wünschen: Es gibt viele Grausamkeiten, doch am Ende siegt immer das Gute. Freiheit und Demokratie seien für die Brüder Grimm Wunschträume gewesen, doch dürften wir inzwischen in Zeiten leben, in denen diese Wünsche wahr geworden seien.

Während Barbara Auer Worte wie diese gefühlvoll vortrug, war es an Pianist Sebastian Knauer, Gefühle in der Musik auszudrücken. Knauer, der die Idee zu dem märchenhaften Erzählabend hatte, konzentrierte sich in erster Linie auf Werke der Romantik und zeigte sowohl Sinn für Emotionales als auch für Humoriges. Als in der Geschichte etwa die Bremer Stadtmusikanten zum Tanz aufforderten – „Dazu spielen wir etwas Fröhliches, dies ist ein fröhliches Fest“ –, ließ Knauer das burleske Impromptu Es-Dur op. 90, Nr.2 von Franz Schubert erklingen. Zu Recht bedankte sich das Publikum im Innenhof von Schloss Stolzenfels für diesen leichten, zauberhaften Abend mit viel Applaus.
RZ Koblenz und Region vom Dienstag, 4. Juni 2013, Seite 22
Text von RZ- Mitarbeiter Winfried Scholz
Foto: P!ELmedia