Dienstag, 8. Juli 2014

Berichterstattung der Allgemeinen Zeitung/ Mainz



Bacharach 08.07.2014

Sympathie-Funke springt über

Andrea Sawatzki las aus ihrem Erstlingsroman „Ein allzu braves Mädchen“.<br />
 Foto: Jochen Werner
Andrea Sawatzki las aus ihrem Erstlingsroman „Ein allzu braves Mädchen“.
Foto: Jochen Werner



Von Jochen Werner
LESUNG Andrea Sawatzki stellt ihren ersten Roman auf Burg Stahleck vor / Musik von Caroll Vanwelden
BACHARACH - Zwei starke Frauen, die sich vorher nicht gekannt, nie gesehen hatten, trafen sich im Rahmen des Mittelrhein Musik Festivals auf Burg Stahleck: Andrea Sawatzki und Caroll Vanwelden. Erstere, um aus ihrem Erstlingsroman „Ein allzu braves Mädchen“ zu lesen. Die zweite, um mit ihrer dreiköpfigen Band Lieder aus ihrem Album „Don‘t Explain“ zu interpretieren. Die Verbindung stimmte, der Sympathie-Funke sprang direkt über aufs Publikum. „Du singst so toll“, war die Charakter-Schauspielerin und Autorin von der belgischen Jazzsängerin genauso begeistert wie die gut 200 Zuschauer im Innenhof der Burg.
Wetter wird zum Krimi
Alles war bereitet, das Ambiente großartig. Nur das Wetter sollte zum Krimi werden, passend zum Buch Sawatzkis. Gerade noch rechtzeitig zum Programmbeginn verzogen sich die Regenwolken, die überhaupt nicht zur Stimmung gepasst hatten. Festivalleitern Ulrike Piel konnte genauso aufatmen wie VG-Chef Franz-Josef Riediger, der an die Premierenlesung im vergangenen Jahr auf der Trechtingshäuser Burg Reichenstein mit Gudrun Landgrebe erinnerte.
Genießen stand im Vordergrund, für die Künstler hieß das auch konzentriertes gegenseitiges Zuhören. Sawatzki und Vanwelden faszinierten allein schon durch ihre Anwesenheit und ihre eindringlichen Stimmen. Beide kennen sich und ihre Werke, bewegen sich auf sicherem Terrain. Beide wissen genau, wie man sie dem Zuhörer am besten und stimmungsvollsten nahebringt, das Publikum ohne große Show in seinen Bann zieht.
Rund 30 Lesungen hat Sawatzki mit ihrem Erstlingskrimi hinter sich, „einmal zusammen mit den Rheinsirenen aus Bonn“, erklärt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. Allerdings: Der Mittelrhein war genauso Neuland für die 51-Jährige wie die Lesung auf einer Burg. Die allerdings sei ein willkommenes Zwischenspiel, befindet sie sich eigentlich auf einem Dreh in Berlin. Am 11. August soll bereits ihr dritter Roman herauskommen, die Fortsetzung der Komödie „Tief durchatmen“. Die wiederum wird in den Wintermonaten verfilmt, kommt Weihnachten 2015 ins Fernsehen.
Schnell wird klar, dass sich auch der Stoff von Sawatzkis knapp 18 Monate altem Debutromanes bestens als Drehbuchvorlage eignet. Allein darum geht es während des bestechenden Vortrages nicht. Die Charakter-Darstellerin schafft es, mit den ausgewählten Passagen ein genaues Bild der Handlung zu vermitteln, ohne dabei zu viel zu verraten. Das psychologische Gespür, das sie mit dem bewegenden und tragischen Plot beweist, erreicht sie auch mit ihrer Lesung.
Lassen sich schockierende Kindheitserlebnisse überwinden? Die Antwort blieb Sawatzki schuldig. Die gut zwei Stunden gingen jedenfalls unter die Haut. Und die Menschen im Innenhof der Burg waren sich einig: Eine Fortsetzung tut not!